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Internationaler Ausforschungsbeweis abgelehnt

von Clemens Kochinke *
Erstveröffentlichung 28. März 2004

Das Bundesberufungsgericht des Siebten Bezirks hat am 25. März 2004 im Fall Kestrel Coal Pty. Ltd. v. Joy Global Inc., AZ: 03-3604, in einem hauptsächlich zwischen ausländischen Parteien geführten Rechtsstreit entschieden, dass das amerikanische Ausforschungsbeweisverfahren als Weg zur Dokumentenvorlage nicht missbraucht werden darf. Das Urteil des angesehenen Richters Easterbrook wird wahrscheinlich über diesen Fall hinausreichende Bedeutung erhalten, wenn sich Unternehmensfakten im Ausland ereignen und in den USA geklagt werden soll. Es kann selbst die Exzesse der Alien Tort Claims Act-Verfahren eindämmen, obwohl der konkrete Fall diese Ansprüche nicht betraf.

Im vorliegenden Fall hatte der im australischen Hauptverfahren zuständige Richter Muir den Erlass eines Beweisbeschlusses abgelegt, nach welchem im Ausland befindliche Unterlagen in das dortige Verfahren einzubringen seien.

Der Beweisantragsteller erhob darauf eine US-Klage gegen die Holding Company der vermeintlich auskunftspflichtigen Partei. Nur die Holding Company befindet sich in den USA. Richter Clevert am Untergericht gab dem Begehren nach 28 USC §1782 statt und wies die Holding Company an, ihre Töchter zu veranlassen, die Unterlagen aus dem Ausland in die USA zu verschaffen und von dort nach Australien, denn im Jahre 2004 sei die Unterlagenbeförderung ein Leichtes.

Richter Easterbrook vom Berufungsgericht reichte diese Begründung nicht, und er untersuchte die Voraussetzungen von §1782. Er bemerkte, dass die Bundesberufungsbezirke der USA geteilter Auffassung sind, ob eine ausländische Entscheidung die Anwendung von §1782 verhindern können und dass diese Frage nun vom Obersten Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten in Washington im Fall Advanced Micro Devices, Inc. v. Intel Corp., 292 F.3d 664 (9th Cir. 2002), cert. granted, 124 S.Ct. 531 (2003) am 20. April 2004 erörtert und anschließ wahrscheinlich entschieden wird.

Ohne jener Entscheidung vorzugreifen, fand Richter Easterbrook, dass schon allein die vom Common Law wie vom Gesetz respektierte Unterscheidung zwischen Gesellschaft und Teilhaber das Ergebnis diktiert. Der Gesellschafter haftet nicht im Sinne des §1782 für die verklagte Gesellschaft, die die Eigentüerin der verlangten Unterlagen sein soll, wenn die Voraussetzungen der Durchgriffshaftung im Sinne des Piercing the Corporate Veil fehlen.

Er lehnte auch die Schöpfung eines Präzedenzfallrechts ab, welches diese Hürde in Bezug auf Gesellschafter überspringen kann, zumal eindeutig seit Gerling International Insurance Co. v. CIR, 839 F.2d 131 (3rd. 1988) die Grenzen zwischen den Unternehmen zu beachten sind. Abschließend bemerkte er, dass die Rückverweisung des Falles an das Untergericht zur weiteren Beweisaufnahme über eine für den Antragsteller günstigere Faktenlage unmöglich sei. Das Untergericht würde womöglich zu einem Ermessensmissbrauch verleitet. Sein Ermessen sei auf Null reduziert, denn das australische Gericht habe bereits abschließend festgestellt, dass die gewünschten Beweismittel nicht beizuschaffen seien.


Cite as:   Kochinke, Internationaler Ausforschungsbeweis abgelehnt, 13 German American Law Journal, http://www.amrecht.com/ausforschungsbeweis2004.shtml (28. März 2004).


*  Der Verfasser ist bei diversen Gerichten bis zum Obersten Bundesgerichtshof der Vereinigten Staaten nach juristischer Ausbildung in den Vereinigten Staaten, England und Deutschland zugelassen und berät als Partner der Washingtoner Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe, LLP im internationalen Wirtschaftsrecht.


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