Am 8. August 2002 verkündete die Federal Trade Commission als Bundesverbraucherschutzbehörde der Vereinigten Staaten in Washington den mit dem Betrieb Microsoft Corporation aus dem Staat Washington abgeschlossenen Vergleich über ein Verbot der rechtswidrigen Einsatzes des Passport-Systems, von dem sich Microsoft einen betriebssystemübergreifenden wirtschaftlichen Erfolg erhofft. Die klagevermeidende Vergleichslösung enthält eine Reihe von kreativen Ansätzen. Sie verbietet den datenschutzgefährdenen Einsatz von Cookies und Prozessorkennnungen, definiert schutzwürdige Daten, und unterwirft Microsoft jahrzehntelangen Einschränkungen und Berichtspflichten.
A. Hintergrund
Anlässlich wiederholter Eingaben verschiedener Verbraucherschutzgruppen bei der
Federal Trade Commission begann diese im Juli 2001 eine Untersuchung der Microsoft-Dienste Passport Single Sign-In (Passport), Passport Express Purchase (Passport Wallet) sowie Kids Passport.
Passport stellt ein Online-Authentizierungssprogramm dar, das Nutzern Zugang
zu partizipierenden Websites mit gleichbleibenden Benutzernamen und Kennwort ermöglicht.
Passport Wallet speichert Kreditkartendaten sowie Lieferadresse des Nutzers und kann von
diesem beim Online Shopping eingesetzt werden.
Kids Passport erlaubt Eltern, für ihre Kinder ein Profil zu erstellen, mit
Hilfe dessen die Herausgabe von Nutzerdaten eingeschränkt werden kann.
B. Behauptete Rechtsverletzungen: Complaint
Die Federal Trade Commission wirft Microsoft vor, bezüglich der
Online-Dienste Passport, Passport Wallet sowie Kids Passport in mehrfacher Hinsicht durch unlauteres
oder betrügerisches Handeln gegen den Federal Trade Commission Act verstossen zu
haben. Bezüglich der Passport und Passport Wallet Services soll Microsoft dem
Nutzer einen hohen Sicherheitsstandard im Hinblick auf Privatsphäre und Vertraulichkeit der
Daten suggeriert haben, ohne diesen jedoch zu gewährleisten.
Insbesondere wurde dem Nutzer fälschlicherweise nahegebracht, dass keine
über die ausgewiesenen Informationen hinausgehenden nutzerbezogenen Daten durch
Passport Websites und Services erfasst werden.
Darüberhinaus sei die Aussage, dass Online-Shopper, die den Passport Wallet
Service in Anspruch nehmen, mehr Schutz geniessen als Kunden, die diesen Dienst, der sich unter anderem im XP-PC-Betriebssystem findet und in Microsofts .NET-Netzwerkdienstesystem eingebunden ist, nicht nutzen, irreführend, da in der Regel kein höherer Sicherheitsstandard vorliege.
Bezüglich des Kids Passport Dienstes wirft die Behörde Microsoft vor, Eltern zu suggerieren,
dass dieser Dienst Kontrolle über die Herausgabe persönlicher Informationen an alle Passport
Websites und Services durch ihre Kinder gewähre. Dies sei jedoch nur bei am Kids Dienst
partizipierenden Passportsites gewährleistet; auch sei die Kontrolle nicht der Beschreibung
entsprechend gewährleistet.
C. Vereinbarung: Agreement Containing Consent Order, File No. 0123240
Microsoft und die Federal Trade Commission konnten den Disput vorbehaltlich
endgültiger Ratifizierung seitens der Behörde aussergerichtlich beilegen.
Microsoft verpflichtet sich in der Vereinbarung, im Hinblick auf kommerzielle Tätigkeiten
bezüglich oben genannter und ähnlicher Dienste wahrheitsgetreue und
eindeutige Angaben insbesondere bezüglich Vertraulichkeit und Sicherheit sowie
nutzerbezogender Informationsgewinnung zu machen.
Darüber hinaus richtet Microsoft ein umfassendes System ein, das
insbesondere die Sicherheit und Vertraulichkeit aller nutzerbezogenen Daten gewährleistet sowie
mögliche Schwachstellen, auch im personellen Bereich, aufdeckt und beseitigt. Dies
muss innerhalb von einem Jahr und nachfolgend zweijährlich von einer zertifizierten
Organisation bestätigt werden.
Auf Anforderung müssen innerhalb eines Zeitraums von 5 Jahren jegliche an
den Nutzer adressierte Darstellungen, die sich auf den Erwerb, Verwendung und
Sicherheit von Nutzerinformation beziehen, sowie jegliche Dokumente, die im Hinblick auf
die gesamte Vereinbarung relevant sind, ausgehändigt werden.
Auch kann die Behörde einen detaillierte Bericht bezüglich der Umsetzung
der Vereinbarung verlangen.
Bemerkenswert erscheint insbesondere, dass diese Vereinbarung 20 Jahre
Gültigkeit besitzt, und sich bei nachgewiesenem Verstoss jeweils um 20 Jahre ab
Beschwerdezeitpunkt verlängert, wobei rechtliche Schritte gegen diesen Vertrag ausgeschlossen
wurden. Bei Vertragsbruch drohen Microsoft zivilrechtlichen Konsequenzen.
* Der Verfasser ist nach Jurastudien in London und München zur Zeit Praktikant bei Berliner, Corcoran & Rowe, LLP in Washington, DC and dankt Herrn Rechtsanwalt Clemens Kochinke, MCL, Attorney at Law für seine hilfreichen Anregungen zu diesem Beitrag.
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