German American Law Journal :: Articles Edition
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Entschädigung der 11. Sept.-Opfer durch Boeing usw.

Klagen der Opfer des 11. September gegen Boeing Airlines
und das World Trade Center

Von Carolin Schosser *

Erstveröffentlichung am 12. September 2003

Für die Angehörigen der Opfer des 11. Septembers 2001 besteht nun die Möglichkeit, gegen Airlines, Flugzeughersteller, Sicherheitsdienste der betreffenden Flughäfen und gegen die Eigentümer und Betreiber des World Trade Centers in New York gerichtlich vorzugehen. Dies räumte ein Bundesrichter am 9. September 2003 ein. (In re September 11 Litigation, S.D. N.Y., No. 21 MC 97 (AKH), 9/9/03)

So befand Richter Alvin K. Hellerstein des U.S. District Court für den südlichen Bezirk von New York, dass die Angehörigen und Opfer der Terroranschläge ausreichend Beweise für die Möglichkeit von Pflichtverletzungen und unzureichende Sicherheiten gegen terroristische Anschläge durch die Beklagten vorlegen konnten.

Klage wegen mangelhafter Cockpittüren

Die Kläger behaupteten, dass die Boeing Corporation, die die beiden Fluggzeuge, die in das Pentagon in Washington, DC und in ein Feld in Shanksville, Pennsylvania flogen, mit ungenügenden und mangelhaften Cockpittüren ausgestattet hatte. So war es den Terroristen möglich, die Flugzeuge zu entführen. Hellerstein hielt für einen Prozess die bloße Möglichkeit der Fahrlässigkeit für ausreichend. Der Hinweis der Beklagten, eine derartige terroristische Flugzeugentführung sei nicht vorhersehbar gewesen, wies Hellerstein auf Grund der vielen erfolgreichen Flugzeugentführungen in der Vergangenheit zurück. Dass die Ausmaße vergangener Entführungen nicht mit den Anschlägen des 11. Septembers vergleichbar seien, sei für die Frage der Vorhersehbarkeit nicht relevant. Andererseits betonte Hellerstein jedoch auch, dass er im Rahmen der Schlüssigkeitsprüfung keine Entscheidung für eine Haftbarkeit der Boeing Corporation fälle, sondern dass er lediglich die Prüfung im Hauptverfahren zulasse. Möglicherweise könne den Beklagten der Beweis gelingen, dass die Cockpittüren nicht ungenügend gesichert waren. Laut Hellerstein ist es an dieser Stelle noch verfrüht, eine Entscheidung zu fällen.

Vorhersehbarkeit der terroristischen Anschläge

Der Richter hielt die Klage auch deshalb für haltbar und verfolgenswert, da Anschläge immer dann eine vorhersehbare Gefahr darstellen würden, sobald Sicherheitsprüfungen vernachlässigt werden. Auch wenn es nicht vorhersehbar gewesen war, dass Menschen mit einem Flugzeug in Gebäude fliegen würden, so war es zumindest vorhersehbar, dass ein Zusammenstoß viele Tote und Verletzte fordern würde und dass das Risiko eines Zusammenstoßes, sobald Luftpiraten die Kontrolle über ein Flugzeug übernehmen, grunsätzlich steige. Dagegen sei das Verwenden eines Flugzeuges als Waffe gegen Gebäude wie das World Trade Center oder das Pentagon nicht vorhersehbar gewesen.

Haftung der Eigentümer und Betreiber des World Trade Centers

Hellerstein kam dem Gesuch der Eigentümer und Betreiber des World Trade Centers, die Klage der Opfer und deren Angehörige abzulehnen, nicht nach. Die Kläger argumentierten dahingehend, dass man den Umfang der Verbrechen hätte vorhersehen können, sondern dass vielmehr eine Pflicht bestand, die Twin Towers so zu konstruieren, dass sie den Auswirkungen und der Hitze eines Feuers hätten standhalten können, um auf diese Weise das Zusammenbrechen der Gebäude zu verhindern. Eine solche Brandsicherheit war jedoch nicht geschaffen worden. Ferner wurde beim Bau des World Trade Centers behauptet, dass dieses einem Flugzeugeinschlag standhalten könne. Trotzdem befand Hellerstein auch hinsichtlich dieses Gesichtspunktes, dass in diesem Stadium noch keine Haftbarkeit ausgesprochen werden könne. Er räumte den Klägern lediglich die Möglichkeit ein, Beweise für ein sorgfaltspflichtwidriges Handeln der Beklagten zu erbringen. Ebenso wie bei der Boeing Corporations und den Airlines ist Hellerstein daher der Auffassung, es sei vorhersehbar, dass sich Terroristen des Flugzeuges als Waffe bedienen würden und befreite damit auch die Eigentümer und Betreiber nicht von ihrer Haftung.

Verletzten und Angehörigen von Verstorbenen vom 11. September 2001 wurde ein Anspruch auf Schadensersatz eingeräumt. Dabei können sich die zu Entschädigenden entscheiden, ob sie ihren Schadensersatz aus dem "Victim Compensation Fond", der vom Kongress kurz nach den Anschlägen eingerichtet wurde, oder von den Beklagten ausgezahlt bekommen wollen. Diejenigen, die sich für einen Schadensersatz aus dem Entschädigungsfond entscheiden, dürfen sich jedoch keinen weiteren Klagen anschließen. Ferner ist der Schadensersatz aus dem Entschädigungsfond auf $250,000 begrenzt. Die Gefahr einer unkalkulierbaren Anzahl von Klagen sieht Hellerstein dadurch gebannt, dass nur ein bestimmter Personenkreis Schadensersatz verlangen kann. Zu diesem Personenkreis gehören Angehörige von Getöteten und Personen, die sich zum Zeitpunkt des Anschlags im World Trade Center, im Pentagon oder in Shanksville, Pennsylvania, befanden und Verletzungen erlitten, die unmittelbar auf die Anschläge zurückzuführen sind, näher dazu siehe Gleißner, der Entschädigungsfonds für die Opfer des 11. September.


*   Carolin Schosser studiert seit 2001 Rechtswissenschaften an der Eberhards-Karls-Universität Tübingen. Im Sommer 2003 absolvierte sie im Rahmen der praktischen Studienzeit ein achtwöchiges Praktikum in der Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe, LLP in Washington, DC, wo sie sich u.a. mit Problemen des Urheber- und Markenrechts auseinandersetzte.


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