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DASTAR V. TWENTIETH CENTURY FOX

Dastar v. Twentieth Century Fox
Verfallenes Urheberrecht v. Markenschutz im Supreme Court

Von Carolin Schosser * und Julia Gehrke **, Washington, DC

Erstveröffentlichung 21. August 2003

Bei seiner Urteilsfindung im Falle Dastar Corporation gegen Twentieth Century Fox Film Corporation vom 2. Juni 2003 hatte sich der Supreme Court in Washington, DC, als oberster Gerichtshof der Vereinigten Staaten mit der Frage zu beschäftigen, was unter dem Begriff "origin of goods" in § 43(a) des Lanham Acts zu verstehen sei und legte ihn dahingehend aus, dass der Lanham Act nicht das geistige Eigentum schützt, sondern in erster Linie den Hersteller körperlicher Sachgüter oder den Anbieter von Dienstleistungen. Was man unter körperlichen Sachgütern versteht, ist leicht vorstellbar, während der Begriff des geistigen Eigentums eher abstrakter Natur ist. Darunter fallen alle einzigartigen Ideen und Erfindungen des menschlichen Intellekts.

Im vorliegenden Fall ging es vor allem um die Frage, ob der Schöpfer eines Werkes, dem grundsätzlich ein Urheberrecht zusteht, aus dem Lanham Act, also nach markenrechtlichen Gesichtspunkten, gegen einen gewerblichen Nutzer des Werkes vorgehen kann, der das Werk in ein eigenes Werk umgewandelt hat, nachdem der Schöpfer als Urheberrechtsinhaber den Urheberrechtsschutz hat verfallen lassen. Ohne den Verfall des Urheberrechts würde das neue Werk ein rechtswidriges Plagiat darstellen, gegen das der Schöpfer vorgehen kann. Kann er nach dem Verfall ein markenähnliches Recht gegen den Zweitanbieter behaupten, der den Kunden über den wahren Ursprung des Werkes in die Irre leitet? Der Supreme Court verneint dies.

Kurzeinführung ins IP-Recht der USA

Vorweg werden die grundlegenden Unterschiede der einzelnen IP-Rechtszweige der USA und deren Abgrenzungen voneinander aufgezeigt, um ein besseres Verständnis für die Entscheidung zu gewinnen. Bedeutsam für den vom Supreme Court entschiedenen Fall sind die Rechtsgebiete des Urheber- und des Markenrechts. Eine strenge Trennung dieser Rechtsgebiete ergibt sich aus Bundes- und einzelstaatlichem Recht, unter anderem dem Lanham Act mit seinem Ziel des Markenschutzes. Er untersagt die rechtswidrige Verwendung von geschützten Zeichen. Zum Einen soll damit der Verbraucher vor Verwechselungen über die Herkunft des jeweiligen Produkts geschützt werden und zum Anderen soll eine Nachahmung durch Konkurrenten unterbunden werden. Eine Verwandtschaft zum Urheberrecht besteht dabei insofern, als jeweils nur der Hersteller oder Schöpfer über das geschützte Recht verfügen soll und der Bezug der Ware, oder des Werkes, zu einer bestimmten Person gesichert wird.

Das Urheberrecht der USA schützt Werke vor Vervielfältigung oder Verbreitung. Dabei wird die Ausdrucksform einer Idee geschützt, nicht aber der Grundgedanke als solcher. Dies bedeutet beispielsweise, dass das Computerprogramm "Microsoft Word" nicht vervielfältigt werden darf, wohl aber die Idee für ein Textverarbeitungsprogramm. Der Schutz durch das US-amerikanische Urheberrecht ist für mindestens 75 Jahre gewährleistet. Ist jedoch das Urheberrecht einmal abgelaufen und in die öffentliche Hand gefallen, besitzt jeder das Recht zu kopieren und diese Schöpfung für sich zu nutzen, siehe Sears, Roebuck & Co. v. Stiffel Co., 376 U. S. 225, 230 (1964); Kellogg Co. v. National Biscuit Co., 305 U. S. 111, 121-122 (1938); Bonito Boats, Inc. v. Thunder Craft Boats, Inc., 489 U. S. 141, 150-151 (1989).

Unter den Schutzbereich der Marke fallen gewerblich verwendete Worte oder Zeichen, die mit dem Ziel benutzt werden, die Produkte zu kennzeichnen und von Konkurrenzprodukten abzugrenzen. Zwar entsteht sowohl beim Markenrecht als auch beim Urheberrecht durch die bloße Schöpfung und Aneignung ein gewisser Schutz, aber um in den Genuss des vollen Schutzes zu gelangen, ist eine Registrierung beim Bund oder in einem Bundesstaat erforderlich.

Der Vollständigkeit halber ist das Patentrecht zu erwähnen, das bestimmte kategorisierbare Erfindungen, die neu und nützlich sind, wie z.B. Maschinen oder Produkte aus verschiedenen Materialien, also die Rechte des Erfinders schützt. Dadurch wird verhindert, dass andere die patentierte Erfindung nachahmen oder verkaufen.

Des weiteren ist das Trade Secret Law zu nennen, das - ganz allgemein ausgedrückt - vertrauliche Informationen mit Marktwert, also Geschäftsgeheimnisse, schützt. Dieses Rechtsgebiet war ebenso wie das Patentrecht in diesem Fall jedoch nicht entscheidend für den Supreme Court.

Der Schutz des geistigen Eigentümers und der körperlichen Sachgüter beschäftigte die Welt schon seit langer Zeit. 1889 wurde daher die Berner Konvention mit der Aufgabe, das geistige Eigentum länderübergreifend zu schützen, verabschiedet. Als die USA im Jahre 1989 Mitglied dieser Konvention wurde, vereinfachte sich die Bürokratie, da seither für den Schutz die bloße Schöpfung eines Werkes ausreichend ist.

Sachverhalt

Dem Supreme Court lag folgender Sachverhalt zu Grunde. Während des 2. Weltkrieges verfasste General Dwight D. Eisenhower das Kriegsbuch Crusade in Europe , welches der Verlag Doubleday im Jahre 1948 veröffentlichte. Dieser ließ die Urheberrechte auf sich eintragen, wobei er die Fernsehrechte an Twentieth Century Fox Film Corporation abtrat. Diese wiederum erteilte Time den Auftrag, das Buch als Fernsehserie, zu verfilmen. Im Gegensatz zu Doubleday, der 1975 seine Urheberrechte am Buch erneuerte, ließ Fox seine Rechte 1977 auslaufen und folglich die Fernsehserien in die öffentliche Hand übergehen. Erst 1988 erwarb Fox von Doubleday die Fernsehrechte am Buch, welche das Recht, das Filmmaterial als Video zu verkaufen, einschloss. Fox wiederum untergliederte die Rechte in Produktionsrechte, die sie SFM Entertainment zuteilte, und in Vermarktungsrechte für New Line Home Video. Sieben Jahre später kopierte Dastar Corporation, eine von jenen unabhängige Firma, die ursprünglichen Fernsehserien und änderte sie durch Erneuern des Vorspanns, Hauptteils und Abspanns ab. Die abgeänderte Version benannte sie in World War II Campaigns in Europe um und gab diese schließlich als ihr eigenes Produkt aus.

Dastar machte ohne Hinweis auf Crusade Television Series Werbung für ihr Produkt. Außerdem verkaufte Dastar ihre bearbeiteten Videotapes für einen geringeren Kaufpreis als New Line, u.a. an Sam`s Club, Costco und Best Buy. Daraufhin behaupteten Fox, SFM und New Line, durch das Verkaufen der abgeänderten Version - als Plagiat - unter Angabe des eigenen Namens gemäß §43 (a) des Lanham Act, 15 U.S.C. 1125(a) in ihren Rechten, das Buch zu verfilmen, verletzt zu sein. Sie sahen hierin nämlich die Gefahr, dass der Verbraucher über den wahren Ursprung getäuscht würde. Später fügten sie ihrer Behauptung hinzu, auf Grund des unlauteren Wettbewerbs benachteiligt zu sein. Dastar klagte auf Feststellung, dass Fox, SMF und New Line wegen des Übergehens ihrer Urheberrechte in die öffentliche Hand ihre Monopolstellung verloren hätten und somit ihre marktschädigenden Behauptungen unberechtigt seien.

Beurteilung durch die Gerichte

Der "District Court" als erstinstanzliches Gericht des Bundes stimmte den Beklagten in allen drei Punkten zu und wies die Klage auf Feststellung ab, um so die Verbraucher vor Verwirrung wegen des neuen Namens zu schützen. Daraufhin wandte sich Dastar an das Bundesrevisionsgericht für den Neunten Bundesbezirk, welcher sich diesem Urteil dem Ergebnis nach anschloss, aber eine Urheberrechtsverletzung zurückwies.

Daher brachte Dastar diesen Sachverhalt vor den Supreme Court. Dieser griff zunächst die Frage auf, wie der Begriff "origin of goods" §43(a) des Lanham Acts auszulegen sei. Sollte darunter lediglich der Hersteller der Ware, in diesem Falle Dastar, verstanden werden, so würde das bedeuten, dass Dastar als "origin" gelten würde. Wenn jedoch unter diesen Begriff der Schöpfer der zugrundeliegenden Arbeit, die Dastar kopierte, fallen würde, dann wäre ein anderer, möglicherweise Fox der "origin" von Dastars Videotapes.

"Origin" wird im Allgemeinen als "Quelle einer bestimmten Tatsache" definiert (Webster`s New International Dictionary 1720-1721, 2. Auflage 1949), während "goods" als "Waren" bezeichnet werden. Folglich könnte man meinen, dass mit "origin of goods" jene Waren gemeint sind, die schließlich als Endprodukt verkauft werden, also dass der Hersteller geschützt wird. In diesem Falle würde Dastar für die vertriebenen Videotapes als "origin of goods" gelten. Dieses Verständnis könnte man jedoch auch über die tatsächlich produzierten Waren hinaus auf die Idee des Erfinders ausdehnen. Eine derartig extensive Auslegung würde nicht nur den Wortlaut des § 43(a)(1)(A) des Lanham Acts sprengen, sondern würde auch dessen Sinn verfehlen. Er wurde nämlich zur Verhinderung von Täuschung und Missbrauch von Marken und zum Schutz vor unlauterem Wettbewerb geschaffen und nicht um einen grenzenlosen Schutz vor anstößigen Handelspraktiken zu garantieren.

Vielmehr soll §43(a)(1)(A) unterbinden, dass Verbraucher durch bestimmte Handlungen, z.B. Verletzung von Markenrechten, Schaden erleiden. So ist es beispielsweise untersagt, Coca-Cola als Pepsi-Cola auszugeben oder umgekehrt, da der Verbraucher daran glaubt, dass das jeweilige Getränk vom entsprechenden Hersteller produziert wurde, was jedoch nicht zwangsläufig bedeuten muss, dass er den Hersteller für den Erfinder, also den "origin" hält. Hinsichtlich dieses Gesichtspunktes ist sein Vertrauen daher nicht schutzwürdig. Folglich sollte §43(a)(1)(A) des Lanham Acts nicht zu extensiv ausgelegt werden, sofern sich daraus keine wesentlichen Nachteile für den Verbraucher ergeben, erklärte der Supreme Court.

Jemand, der einen Roman kauft, ist nicht nur daran interessiert, wer das jeweilige Werk veröffentlicht hat, sondern vielmehr darin, wer es geschaffen hat. Umgekehrt hat natürlicherweise auch der Schriftsteller ein größeres Interesse als der Verleger, dass er als Autor genannt wird. In einem solchen Fall müsste der Begriff "origin of goods" nicht nur denjenigen schützen, der das Produkt vermarktet, sondern auch den geistigen Eigentümer. Hierbei würde der Lanham Act in Konflikt mit dem Patentrecht treten, da der Schutz des geistigen Eigentümer Aufgabe des US-Patentrechts ist.

Als Ergebnis folgert das Gericht, dass der Begriff "origin of goods" demjenigen Schutz gewährt, der die Ware körperlich herstellt und nicht demjenigen, dem die Idee ursprünglich gekommen war.

In einigen Fällen wird die Suche nach dem "origin" keine leichte Aufgabe sein, bestätigt das Gericht. So ist es auch im vorliegenden Fall nicht eindeutig, wer diesen Status für sich beanspruchen darf. Weder SFM noch New Line haben etwas zur Produktion der Crusade Fernsehserien beigetragen, sie waren lediglich zur kommerziellen Nutzung der Videotapes berechtigt. Selbst der Anspruch auf "origin" von Fox ist fraglich, denn Fox war lediglich in die Erschaffung involviert, während Time den größten Anteil geleistet hatte. Das Filmmaterial lieferte zum Teil auch die United States Army, die Navy und der Coast Guard, das Britische Informationsministerium, das War Office und der National Film Board of Canada.

Falls jemand nun den Anspruch geltend machen könnte, der ursprüngliche Erfinder der Crusade Fernsehserie zu sein, dann wären es laut Supreme Court eher diese als Fox. Es sei aber kaum denkbar, dass der Lanham Act eine derartig aufwendige Suche verlange.

Hätte Fox die Urheberrechte an der Fernsehserie erneuert, hätte sie einen Anspruch wegen Urheberrechtsverletzung durchsetzen können. Ob im vorliegenden Fall somit eine wie von Fox behauptete Verletzung vorliegt, ist auch heute noch umstritten. Des Weiteren hatte Dastar in ihrer Werbung dem Verbraucher den Eindruck vermittelt, dass es sich bei ihrer Serie gerade nicht um die Crusade Serie handelt. Daher können Fox, SFM und New Line Dastar nicht wegen Verwirrung über den "origin" gemäß §43(a)(1)(A) des Lanham Acts bezichtigen.

Nur das Ausgeben eines vermeintlichen Plagiats als eigenes Produkt reiche nicht aus, um eine Haftung nach dem Lanham Act auszulösen, da die Dastarprodukte als "origin of goods" gelten und auch als solche vertrieben werden.

Das Urteil des Bundesrevisionsgerichts für den Neunten Bundesbezirk wurde aus diesen Gründen durch den Supreme Court aufgehoben. Dieses Urteil fand große Zustimmung, was damit begründet wurde , dass wenn man früheren Urheberrechtsinhabern nach dem zeitlichen Ablaufen des Urheberrechtsschutzes weiterhin ein Recht am Originaltitel zusprechen würde, das einer Schaffung eines ewigen Urheberrechts gleichkäme. Als Folge davon würde der "Public Domain" quasi untergraben werden.

Ergänzung

Ein ähnlicher Fall wurde am 23. Januar 2003 vom 1. Zivilsenat des BGH entschieden. Nachdem eine Filmproduzentin ihren Film mit dem Namen "Winnetous Rückkehr" betitelte, war von dem die Karl May Romane verlegenden Verlag Klage gegen die Filmproduzentin erhoben worden. Sowohl das zuständige Landgericht als auch das Oberlandesgericht stellten sich auf die Seite des Verlages. Der BGH dagegen vertrat eine gegenteilige Ansicht und wies die Klage mangels Verwechslungsgefahr mit den Romantiteln ab. Eine derartige Gefahr schloss der BGH aus, da der Filmtitel "Winnetous Rückkehr" ein Zurückkommen Winnetous erwarten ließe und daher zu keinen Verwechslungen mit "Winnetou I", "Winnetou II", "Winnetou III" oder "Winnetous Erben" führen könne und der Verbraucher folglich nicht über den wahren Winnetou getäuscht werden würde. Dabei bleibt abschließend noch anzumerken, dass in diesem Fall wie bei Dastar der Urheberrechtsschutz bereits abgelaufen war, d.h. der BGH hatte sich lediglich mit dem Umfang der Schutzwürdigkeit des Filmtitels zu beschäftigen, welcher anders gewichtet worden wäre, wenn der Urheberrechtsschutz des Verlages noch nicht gemäß § 64 UrhG abgelaufen wäre. Die Frage einer möglichen Urheberrechtsverletzung wurde somit außer Acht gelassen.


* Carolin Schosser studiert seit 2001 Rechtswissenschaften an der Eberhards-Karls-Universität Tübingen. Im Sommer 2003 absolvierte sie im Rahmen der praktischen Studienzeit ein achtwöchiges Praktikum in der Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe, LLP in Washington, DC, wo sie sich u.a. mit Problemen des Urheber- und Markenrechts auseinandersetzte.

** Julia Gehrke absolvierte nach ihrem Abitur 2003 ein sechswöchiges Praktikum in der Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe, LLP in Washington, DC. Im Oktober 2003 nimmt sie ihr Jurastudium an der Universität Rostock auf.


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Zitierweise / Cite as: Carolin Schosser, Julia Gehrke, Dastar Corp. v. Twentieth Century Corp., Verfallenes Urheberrecht v. Markenschutz im Supreme Court, http://www.amRecht.com/schossergehrke.shtml (Aug. 21, 2003).