U.S.-Namensrecht bei Heirat, Geburt und Adoption
von Susanne Wagner, April 2002
Der Aufsatz stellt die Grundlagen des amerikanischen Namensrechts dar und
geht vertiefend auf die Fallgestaltungen Heirat, Geburt und Adoption eines
Kindes ein. Erwähnung finden zu jedem Abschnitt einzelstaatliche
Regelungen aus dem District of Columbia, Maryland und Virginia.
Als Anhaltspunkt für die Ausführungen zum Namensrecht diente
American Jurisprudence, 2nd Edition, 2001, Bd 57, S. 613 ff. Ferner
wird examplarisch Bezug genommen auf das Recht von Maryland, Virginia und District of
Columbia. Die Fußnoten stellen
Entscheidungen der Judikative dar; Gesetzestexte existieren weitgehend
nicht, da die Regelungen aus dem Common Law, d.h. Gewohnheitsrecht, stammen, das sich in Entscheidungen widerspiegelt. Ein Rückgriff auf
Rechtsprechung ist daher notwendig, um eine schriftliche Ausprägung
seines Inhalts zu erhalten.
Allgemeines zum Namensrecht
Um das amerikanische Namensrecht besser zu verstehen, ist eine allen
folgenden Erläuterungen zugrundeliegende Gemeinsamkeit
voranzustellen:
Das U.S.-Namensrecht ist nicht in Gesetzen niedergelegt, sondern
beruht auf Common Law. Das Common Law stellt eine Rechtsquelle
dar, die dem deutschen Gewohnheitsrecht vergleichbar ist und Gesetzesrang
hat.
Im Bereich des Namenrechts geht das Common Law von dem Grundsatz der freien
Wählbarkeit aus, d.h. eine Person hat das Recht, jeden Namen zu
führen, den sie will. Dies geschieht durch den bloßen Gebrauch
des Namens, ohne daß die Durchführung eines rechtlichen Verfahrens
erforderlich ist1. Einer Rechtfertigung der
Namensänderung im Sinne der Darlegung einer Notwendigkeit bedarf es
nicht. Seine Grenze findet das Recht allerdings in der Betrugs- und
Täuschungsabsicht sowie der Verletzung von Rechten Dritter.
Die teilweise einzelstaatliche Festlegung von Formvorschriften und eines
gerichtlichen Beschlußverfahrens zur Änderung des Namens im
Allgemeinen hat auf die freie Wählbarkeit anläßlich der
Heirat oder Scheidung keinen Einfluß und besteht selbständig
daneben: Im District of Columbia z.B. gibt es ein allgemeines
Verfahren zur Namensänderung, das Beweiszwecken dient, vgl. §§
16-2501 bis 2503 und die Norm des § 16-915, die die gerichtliche
Feststellung der Namensänderung im Scheidungsurteil beinhaltet. Der
Staat Maryland regelt das Verfahren zur Namensänderung in Rule BH 70
bis 75, im Falle der Scheidung gilt § 7-105. Die Verfahrensregel in
Virgina hierfür ist unter § 8.01-217 zu finden.
Namensänderung im Falle der Heirat
Die Ehegatten führen keinen gemeinsamen Familiennamen kraft
Gesetzes.
Basierend auf der Common Law Regel der freien Wählbarkeit, die auch im
Falle der Heirat gilt, ist die Frau—ebenso wie der Mann—bei der Wahl ihres
Namens ungebunden. Sie hat das Recht, ihren Geburtsnamen zu behalten und
ihn zu gebrauchen2. Eine klar zum Ausdruck kommende Absicht
genügt insoweit, ein rechtliches Verfahren ist nicht erforderlich.
Ebenso hat sie das Recht darauf, ihren Namen nach ihrem Willen zu
ändern. Den Namen des Mannes nimmt sie mehr durch Gewohnheit als
von Gesetzes wegen durch tatsächliche praktische Übung
an3, indem sie ihn nach der Heirat konsequent gebraucht. Ein
gemeinsamer Familienname entsteht daher nicht zwangsläufig.
In manchen Staaten gibt es darüberhinaus Bestimmungen, nach denen jeder
der Verheirateten erklären kann, welchen Namen er jeweils verwenden
will, sei es der eigene Name, der des Ehegatten oder eine
Bindestrich-Kombination4. Einige wenige Staaten gehen im
Gegensatz dazu davon aus, daß die Ehefrau den Nachnamen des Mannes
annimmt. Dies schränkt jedoch nie den Grundsatz der freien
Namenswahl ein.
Für den District of Columbia kommt die Namenswahl in 8 D.C. D -
151 (D.C. Digest) zum Ausdruck, in Maryland in 30 MD D 2d - 320 und
FL §7 - 105 (Family Law) und für Virginia folgt sie aus dem Code of
Virginia § 8.01 - 220.
Namensänderung im Falle des Todes
Der Tod eines Ehegatten hat keinen direkten Einfluß auf den Namen.
Es gilt insofern das allgemeine common law Prinzip, das eine freie
Namensführung gewährleistet.
Namensänderung im Falle der Scheidung
Im Falle der Scheidung hat die Frau das uneingeschränkte Recht auf die
Wiederannahme ihres früheren Namens wie auch eines neuen
Namens5. Der Wechsel zum Geburtsnamen kann auf Antrag
gerichtlich festgestellt werden, die Feststellung dient jedoch lediglich der
Unterstützung des common law Prinzips der freien Namenswahl; das
Gericht hat insofern kein Ermessen6.
Vgl. dazu für den District of Columbia D.C. D - Divorce 317
(D.C. Digest), für Maryland FL §7 - 105 (Repl.Vol.1991)
und für Virginia VA Code §20 - 121.4 bzw. VA Domestic Relations
Handbook §§ 20 - 24.
Kind, dessen Eltern nicht miteinander verheiratetet sind
Das Wohl des Kindes ist der Maßstab, den es bei der Wahl seines
Nachnamens zu beachten gilt, unabhängig davon, in welchem Familienstand
es geboren wird. Auch wenn die Mutter das alleinige Sorgerecht hat, so
hat sie kein absolutes Recht, den Namen ihres Kindes zu wählen, sondern
muß stets innerhalb des common law Prinzips das Kindeswohl
berücksichtigen. Das gleiche gilt bei einer späteren
Namensänderung, wobei das Recht des Kindes zur Beibehaltung der
Integrität aus bereits existierenden familiären Beziehungen zu
beachten ist. Änderungen bzgl. des Namens der namensgebenden
Person erstrecken sich nicht automatisch auf das Kind.
Ferner hat ein Kind nicht verheirateter Eltern kein Recht, den Nachnamen des
leiblichen Vaters zu führen7; daraus folgt im
Umkehrschluß, daß dieser an der Namensgebung nicht beteiligt
ist.
Kind, dessen Eltern miteinander verheiratet sind
Kein Elternteil hat ein vorrangiges Recht bei der Wahl des Nachnamens des
Kindes. Beide Elternteile haben vielmehr gemeinsam das Recht und das
Privileg, ihrem Kind einen Nachnamen zu geben8. Da es
hierfür keine gesetzlichen Regelungen gibt, ist die übliche
Nennung nach dem Nachnamen des Vaters mehr durch Gewohnheit als durch Gesetz
entstanden9. Im Allgemeinen erstreckt sich das common law
Prinzip des freien Wahl auch auf verheiratete Eltern bzgl. der
Namenswahl ihrer Kinder, d.h. sowohl der Nachname des Vaters, der
Mutter, beider als auch jeder andere Nachname ist
möglich10.
Es ist allerdings nicht klar, ob die Eltern bei der Wahl des Nachnamens des
Kindes völlig frei darin sind, einen Namen zu wählen, den keiner
von beiden führt11. Auch hier wird das Kriterium des
Kindeswohls angewendet. Als Anhaltspunkt für das Wohl dient das
Sorgerecht. Der Name des sorgeberechtigten Elternteils ist
grundsätzlich am Besten für das Wohl des Kindes geeignet, es steht
jedoch dem nicht sorgeberechtigten Teil frei, das Gegenteil zu beweisen.
Im Scheidungsverfahren kann ein Elternteil eine Namensänderung für
das minderjährige Kind beantragen. Dies gilt jedoch nicht, wenn
gesetzliche Regelungen bestehen, die die Kenntnis des anderen Elternteiles
von der Antragstellung vorsehen. Wichtigster Gesichtspunkt ist wiederum
das Kindeswohl, das durch den Namenswechsel maßgebend gefördert
werden soll. In die Beurteilung fließen verschiedene Umstände
aus der Sphäre der Eltern und des Kindes ein. Ein Automatismus zur
Anpassung bei einer späteren Namensänderung der Eltern besteht
nicht.
Eine Regelung für den Staat Virginia findet sich im Code of Virginia §
8.01 - 217, wobei für den Namenswechsel des Kindes nach der
Scheidung das Interesse an der Beibehaltung des etablierten Namens und der
daraus entstandenen Familienbeziehungen zu beachten sind. Eine
Änderung ist nur möglich, wenn sie mit dem Kindeswohl
zuträglich ist.
Adoptiertes Kind
Im Rahmen der Adoption ist auf Antrag eine Namensänderung
möglich. Sowohl der Name des Adoptierenden als auch ein anderer
Name kann gewählt werden.
Siehe für den District of Columbia "The D.C. Practice Manual"
Vol.1 Rev.7 - 2001, 12 - 45, für Maryland aus MD Rules 9 - 103
(b), 9 - 105, 9 - 111(d) und für Virginia aus VA Code § 63.1 -
219.9.
Main Page