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U.S.- VERBRAUCHERSCHUTZ IM INTERNET ­

U.S.-Verbraucherschutz im Internet —
Werbung für Nahrungsergänzung

Veröffentlichung: 6. Juli 2002

Susanne Wagner*

Seit Juni 2002 versendet die Federal Trade Commission (FTC), die Verbraucherschutzbehörde als oberste US-Bundesbehörde, Warnschreiben an Personen, die im Internet Werbung für Nahrungsergänzungen betreiben.

Bei dem Warnschreiben geht es im Besonderen um Werbeaussagen, die die gesundheitsfördernde Wirkung von Nahrungsergänzungsmitteln und elektrischen Geräten betreffen. Solche Behauptungen unterliegen zum Schutz der Gesundheit des Verbrauchers vor täuschender Werbung speziellen Anforderungen: Wahrheitsgehalt und wissenschaftliche Nachweisbarkeit stehen dabei im Vordergrund. Darüber hinaus gelten auch die US-bundesgesundheitsamtlichen Bestimmungen, die jedoch nicht die Kernaussage dieser FTC-Maßnahme darstellen.

Zielgruppe des Schreibens ist nicht nur die werbende Firma selbst, sondern auch Dritte, wie z.B. Werbeagenturen, Webdesigner oder der Einzelhandel, können zur Verantwortung herangezogen werden, wenn sie ­sei es direkt oder indirekt- maßgeblich an der Einstellung der falschen Behauptung in die Werbung beteiligt waren oder von der Unwahrheit der Aussage hätten wissen müssen. Neben dem Hersteller sollten daher auch alle anderen Beteiligten die Internetanzeige auf Konformität mit dem Federal Trade Commission Act (FTCA) auf der Grundlage von 15 U.S.C. §45 (a)(1) sorgfältig untersuchen und gegebenenfalls anpassen.

Der Warnhinweis der FTC soll sicherstellen, daß die gesamte Internetwerbung die Vorgaben der Behörde einhält und der amerikanische Verbraucher umfassend geschützt ist. Für den Fall der Nichtbefolgung des Schreibens kündigt die FTC weitere Schritte an, u.a. einstweilige Verfügungen von Bundesgerichten mit zivil- oder strafrechtlichen Folgen bei Mißachtung, gerichtliche Anweisungen, Rückerstattungen an den Verbraucher zu leisten und Verwaltungsbescheide auf Unterlassung mit Strafandrohungen bis $ 11000.

Der Hinweis, der auch an deutsche Anbieter gerichtet ist, hat folgenden rechtlichen Hintergrund:

Nach dem FTCA muß Werbung für Nahrungsergänzung im Internet wahrheitsgemäß sein und darf den Verbraucher nicht irreführen. Zudem müssen gesundheitsbezogene Behauptungen durch kompetenten und zuverlässigen wissenschaftlichen Beweis gestützt sein.

Genauere Ausführungen zu den Anforderungen, denen die Werbung entsprechen muß, sowie Anwendungsbeispiele finden sich auf der Webseite der U.S.-Regierung www.ftc.gov/bcp/conline/pubs/buspubs/dietsupp.htm .

Da es sich bei der Gesundheit der Verbraucher um einen besonders schutzbedürftigen Bereich handelt, sind an den Wahrheitsgehalt und die wissenschaftliche Nachprüfbarkeit der Werbeaussage strenge Anforderungen zu stellen. Weder der Nutzen noch der wissenschaftliche Forschungsstand darf übertrieben dargestellt werden. Ob die Aussage letztendlich ausreichend wissenschaftlich bewiesen werden kann, hängt ab von der Erwartung, die sie im Verbraucher hervorruft, der Art der Behauptung und dem Zusammenhang, in dem sie steht.

Die Prüfung, anhand der die Aussage an den FTC-Standards gemessen wird, ist zweistufig:

1. Zunächst werden sämtliche Behauptungen festgestellt, die aus der Anzeige hervorgehen. Dabei kann es sich um ausdrückliche oder implizite Werbeaussagen handeln, die dem Verbraucher übermittelt werden. Entscheidend für den Aussageinhalt ist der Gesamteindruck der Werbung aus der Sichtweise eines vernünftigen Verbrauchers. Auch eine unterlassene Äußerung kann zur Beurteilung herangezogen werden, wenn die Pflicht besteht, auf Einschränkungen oder Gefahren des Produkts hinzuweisen oder über Sicherheitsrisiken im Rahmen des üblichen Gebrauchs aufzuklären. Hinweise dieser Art sowie jegliche Gegenerklärungen und sonstige für den Verbraucher erhebliche Aufklärungen und Informationen müssen der Werbung klar verständlich und deutlich sichtbar zu entnehmen sein.

Eine Behauptung wird zudem nur dann zur Beurteilung herangezogen, wenn sie geeignet ist, die Kaufentscheidung des Verbrauchers zu beeinflussen.

2. In der zweiten Stufe der Prüfung wird untersucht, ob die Behauptung ausreichend auf wissenschaftliche Nachweise gestützt werden kann. Die Anforderungen an diese Nachweise bestimmen sich nach verschiedenen Faktoren, wie z.B. das Produkt an sich, die Art der Behauptung, die Vorteile, die sich aus einer wahrheitsgemäßen Behauptung ergeben, die Durchführbarkeit von wissenschaftlichen Studien und die gesundheitlichen Konsequenzen einer falschen Behauptung.

Dabei wird in einer Einzelfallbetrachttung von Experten des jeweiligen Gebiets festge-legt, welche Nachweise vernünftigerweise verlangt werden können und für das betreffende Forschungsfeld anerkannt sind. Vor allem die behauptete Wirksamkeit und die Sicherheit des Produkts müssen verläßlichen wissenschaftlichen Rückhalts.

Ob die Nachweise als Ganzes genügen, beurteilt sich nach der Gesamtschau aller einzelnen Belege, sei es die Behauptung unterstützende oder widerlegende.

Beispiele für Nachweise:

Zur Erbringung des Nachweises kann auf Studien, Tests, Analysen und Forschung etc. Bezug genommen werden. Diese müssen allerdings in qualifizierter und anerkannter Weise von kompetenten Fachkräften durchgeführt und ausgewertet worden sein. Belege aus qualitativ minderwertiger Recherche sind ungenügend.

Auch Bezugnahmen auf allgemeine Studien und Forschung sind unter Umständen nicht ausreichend; um den Anforderungen der FTC zu entsprechen, ist insbesondere darauf zu achten, daß die Studien auf das betreffende Nahrungsergänzungsmittel anwendbar sind, da die jeweilige Wirkstoffkombination bzw. die -konzentration unterschiedlich sein können oder Untersuchungen in nicht wissenschaftlich anerkannter Weise durchgeführt wurden. Auch die Einnahmeart des Mittels ist erheblich.

In jedem Fall muß jedoch mindestens der in der Anzeige selbst behauptete Beleg existieren.

Als nicht genügender Nachweis werden weiterhin bloße Empfehlungen von Verbrauchern oder Experten erachtet; auch sie müssen wissenschaftlich abgesichert sein. Die Empfehlungen können allerdings auch durch eine ausreichend offensichtliche Einschränkung als rein mögliches Ergebnis der Anwendung der Nahrungsergänzung dargestellt werden. Expertenempfehlungen müssen von entsprechend qualifizierten Personen stammen, die das Ergebnis ihrer Aussage in wissenschaftlich anerkannter Weise nachgeprüft habe. Ferner muß bei Empfehlungen jeder für die Glaubwürdigkeit wichtige Gesichtspunkt offengelegt werden, wie z.B. ein bestehendes Arbeits- oder Verwandtschaftsverhältis zwischen dem Experten und der Herstellerfirma, das den Verbraucher in seiner Beurteilung beeinflussen kann.

Behauptungen, die auf den traditionellen, gewöhnlichen Gebrauch eines Gesundheitspräparates abstellen, sollten ebenfalls durch wissenschaftlichen Beweis untermauert sein. Maßgebend ist hier, ob ein vernünftiger Verbraucher einen wissenschaftlichen Beleg erwartet. Auf jeden Fall sollte vermieden werden, den Eindruck zu erwecken, es lägen Beweise für die Wirksamkeit vor, wenn keine existieren und es sollte offengelegt werden, daß es für die Werbeaussage keinen wissenschaftlichen Nachweis gibt. Ob zur Klarstellung zudem eine Einschränkung innerhalb der Anzeige erforderlich ist, hängt wiederum von der Verbrauchererwartung ab. Stellen die angepriesenen Effekte allerdings eine Gefahr für die Gesundheit des Verbrauchers dar, indem er aufgrund des Gebrauchs der Nahrungsergänzung auf eine medizinische Heilbehandlung verzichtet, so darf eine krankheitsheilende Wirkung ohne Nachweis nicht in der Werbung erwähnt werden. Hier hat der Verbraucherschutz klar Vorrang.

Entscheidend für den Eindruck, den die Behauptung erweckt, ist ein weiteres Mal die Verbrauchererwartung. Allgemein sollte darauf geachtet werden, daß das Produkt nachweisbar so wie angeboten auch tatsächlich traditionell verwendet wurde.

Der Gebrauch eines DSHEA-Ausschlusses kann ebenfalls angebracht sein, um Irreführungen des Verbrauchers zu vermeiden und Aufschluß darüber zu geben, ob das Produkt behördlich auf seine Wirksamkeit und Sicherheit untersucht worden ist. Bei dem DSHEA handelt es sich um ein Regelwerk der Food and Drug Administration (FDA), die anders als die FTC nicht für Werbung, sondern für die Etikettierung von Produkten zuständig ist. Die FDA hat allerdings Richtlinien entwickelt, an denen sich auch die FTC orientiert und die im vorliegenden Fall herangezogen werden können.

Der DSHEA-Ausschluß beinhaltet zwei Teile: Zum einen wird in ihm erwähnt, daß das Produkt nicht von der FDA ausgewertet wurde, zum anderen, daß das Produkt nicht zur Vorbeugung, Behandlung oder Heilung jeglicher Krankheiten geeignet ist.

Diese Hinweise sind dann angebracht, wenn die Anzeige den Eindruck erweckt, das Produkt sei einem FDA-ähnlichen Test unterzogen worden und heilungsfördernde Wirkungen seien attestiert worden. Wird ein Mißverständnis dieser Art nicht berichtigt, kann die Werbung täuschend bzw. irreführend sein.

Andererseits macht die Aufnahme eines Ausschlusses in die Anzeige, welcher Art auch immer, eine sonst täuschende Werbung nicht wahrheitsgemäß, vor allem, wenn die Täuschung krankheitsheilende Eigenschaften betrifft.

Für den Fall, daß eine Evaluierung durch die FDA vorgenommen wurde, muß diese wahrheitsgetreu dargestellt werden.

Eine Bezugnahme auf Sekundärliteratur, wie z.B. Zeitungsartikel, ist zur Unterstützung der Werbeaussage möglich, sofern sie vollständig abgedruckt, nicht falsch oder irreführend ist, keine spezielle Marke oder Hersteller erwähnt und zusammen mit anderen Materialien präsentiert wird. Dem Verbraucher soll damit eine ausgewogene und objektive Beurteilung des Stands der Wissenschaft ermöglicht werden. Außerdem muß die Literatur getrennt von dem Produkt dargestellt werden; wie immer ist die Grenze für den Gebrauch von Sekundärliteratur die Täuschung des Verbrauchers.

Zusammenfassung:

Werbung für Nahrungsergänzungen muß nach der Federal Trade Commission wahrheitsgemäß, nicht irreführend und wissenschaftlichem Beweis zugänglich sein.

Den Behauptungen müssen stichhaltige, wissenschaftliche Belege zugrundeliegen, jedoch sind die Anforderungen an Art und Menge der Beweise einzelfallabhängig und flexibel.

Diese Flexibilität ermöglicht es den Herstellern, die Verbraucher wahrheitsgemäß über die Vorteile der Nahrungsergänzung zu informieren und schützt zugleich das Vertrauen der Verbraucher, indem unbewiesenen, täuschenden und falschen Behauptungen Einhalt geboten wird; die FTC versucht dadurch einen Ausgleich zwischen dem Informationsanspruch der Verbraucher und Werbeinteressen der Hersteller zu schaffen.

Bei der Erstellung von Internet-Werbung für Nahrungsergänzungsmittel sollten daher immer folgende zwei Aspekte beachtet werden:

  • Wie versteht der Verbraucher die Werbeaussage, explizit und implizit?
  • Ist die Werbeaussage hinreichend beweisbar?


* Die Verfasserin studierte in Augsburg und verbrachte ihre Wahlstation in der Kanzlei Berliner, Corcoran & Rowe LLP, Washington D.C., wo sie sich mit Problemen des internationalen Rechts mit Bezug zum Internet auseinandersetzte. Sie lebt in Washington, DC, und ist Associate Editor von AmerikanischesRecht.com


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